Übergänge 4. - 5. Klasse

Grundsatzfragen Aktuelles

Eine Information von Gemeinsam leben Hessen e. V.

Wie geht’s weiter? - Klasse 5 für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Nach dem Übergang vom Kindergarten in die Schule ist der Wechsel in die weiterführende Schule der nächsten große Einschnitt im Leben des Kindes.

Eltern haben das Recht auf eingehende Beratung durch die Grundschule zur Wahl des Bildungsgangs, zur Schulform und zu den weiterführenden Schulen in ihrer Nähe. Da man bei der Wahl der weiterführenden Schule nicht mehr nur in der Nähe schauen muss, gibt es meist reichlich Auswahl.
Mit der Vorbereitung bzw. in manchen Regionen mit der Einführung der inklusiven Schulbündnisse (iSB) gibt es für das kommende Schuljahr ein aktualisiertes Verfahren.

Für die Grundschule gilt grundsätzlich das Hessische Schulgesetz:

„Alle schulpflichtigen Kinder werden in der allgemeinen Schule aufgenommen“.

Da bei den Grundschulen die Schulträger den zuständigen Einzugsbereich einer Schule festlegen (Schulsprengel), gehen hier die Kinder in der Regel in die Grundschule vor Ort.

Das Verfahren für den Übergang in die weiterführende Schule wurde hessenweit vereinheitlicht und folgt nun bestimmten Fristen. Gleichzeitig werden „Schulstandorte“ für den inklusiven Unterricht ausgewählt, die dann eine besondere Ausstattung erhalten.

Beim Übergang in die weiterführende Schule wird der Anspruch auf sonderpädagogische Förderung und inklusive Beschulung bei entsprechendem Elternwunsch neu entschieden (mit erneuter förderdiagnostischer Stellungnahme und Förderausschuss).

So läuft das Verfahren im Wesentlichen:

1. Wechsel zur Förderschule

 
Die Eltern vereinbaren mit dem Kind ein Informations- und Aufnahmegespräch an der gewünschten Förderschule (je nach Situation zusammen mit der BFZ-Lehrkraft).
Die allgemeine Schule informiert die Förderschule.
Die Förderschule schickt den Aufnahmebescheid zeitnah an die Eltern.
Die Schülerakte wird am Schuljahresende an die Förderschule geschickt.
Die Frist für die Anmeldung durch die Eltern läuft bis zum 15.12. des Vorjahres.

2. Wechsel zur inklusiven Beschulung an der weiterführenden Schule

 
Vor und nach Weihnachten werden den Eltern in den Elternabenden die Standorte für den inklusiven Unterricht im jeweiligen Schulbezirk (Schulbündnis) vorgestellt.
Bis zum 25.2. erfolgt die Beratung der Eltern im persönlichen Gespräch in der Grundschule.
Bei Schülerinnen und Schülern mit erstmaligem sonderpädagogischem Förderbedarf wird bis zum 5.3. ein Förderausschuss eingerichtet, damit das Kind ein vorrangiges Recht auf Anmeldung an der weiterführenden Schule erhält.
Auch Kinder mit Behinderungen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf werden vorrangig an der weiterführenden Schule angemeldet.
Für Kinder mit bestehendem sonderpädagogischem Förderbedarf kann der Förderausschuss auch später tagen.
Wenn der Wunsch der Eltern nicht mit der im Schulbündnis festgelegten Schule übereinstimmt, werden die Eltern bis zum 5.4. erneut angehört und beraten. Sie geben Rückmeldung, ob sie ihre Entscheidung aufrecht erhalten.
Bis Ende Mai findet dann im Staatlichen Schulamt die Verteilerkonferenz für alle Schüler und Schülerinnen statt, die noch einer Schule zugewiesen werden müssen.
Das staatliche Schulamt legt dann einen einheitlichen Termin fest, an dem die Schulleitungen der aufnehmenden Schulen die Bescheide für alle Kinder verschicken.
Die Bescheide müssen bis zum 15.6. ergangen sein (bzw. bei Wochenende an dem Montag darauf).

3. Wechsel zur weiterführenden Schule mit Aufhebung des Förderbedarfs

 
Die Anmeldung an der weiterführenden Schule läuft über die derzeit besuchte Grundschule.
Es wird ein Förderausschuss an der derzeit besuchten Schule einberufen und der Förderbedarf aufgehoben.
Das Staatliche Schulamt unterschreibt das Förderausschussprotokoll, die allgemeine Schule erstellt den
Bescheid und sendet diesen zeitnah an die Eltern.

4. Wechsel aus der Förderschule in die Inklusion

 
hier läuft das Verfahren genauso wie beim Wechsel aus der inklusiven Beschulung in der Grundschule.
Die Eltern sollten möglichst rechtzeitig das Formular zur Interessensbekundung ausfüllen und bei der Förderschule abgeben.
Die Eltern haben immer ein Recht auf umfassende,individuelle Beratung durch die Grundschule, die das Verfahren weitgehend leitet.
Auch die BFZ oder die weiterführenden Schulen stehen für Beratungsgespräche zur Verfügung. Wichtig ist immer, das Potenzial des Kindes im Blick zu haben und die bestmögliche Bildung anzustreben.

Anmerkungen zum Elternwahlrecht

Des Hessische Schulgesetz schreibt konform zur UN-Behindertenrechtskonvention vor, dass Inklusion die Regelform ist. Darüber hinaus gibt es ein einseitiges Elternwahlrecht: Bis zum 15.12. des Vorjahres dürfen Eltern die Förderschule wählen. Und nur die Eltern!

Die Realität sieht leider anders aus. Viele Eltern müssen noch dafür kämpfen, dass ihr Kind wirklich inklusiv beschult wird. Das Hessische Kultusministerium gibt den zuständigen (Grund)schulen/den Beratungs- und Förderzentren (BFZ) vor, die Eltern über den „geeigneten Förderort (Förderschule oder allgemeine Schule)“ zu beraten.

Das entspricht nicht den Vorgaben des Schulgesetzes, nach dem die angemessenen Vorkehrungen in der allgemeinen Schule getroffen werden müssen, damit Inklusion als Regelform stattfinden kann.

Leider nutzen viele Schulen aber gerade auch die BFZ (BFZ sind ausschließlich für die Bereitstellung und Organisation der sonderpädagogischen Ressource in der Inklusion zuständig!) diese Vorgabe, um die Eltern regelrecht zu überreden, die Förderschule doch „freiwillig“ zu wählen. Den Eltern werden dann die angeblich unüberwindbaren Probleme bei Inklusion, sämtliche Mängel in der Umsetzung aufgezählt und die Förderschule als der für ihr Kind einzig geeignete Ort dargestellt. Und Eltern müssen bereits vorher gut informiert sein, um standhaft bleiben zu können und sich nicht von den Sorgen erdrücken zu lassen, dass ihr Kind im Rahmen der inklusiven Beschulung möglicherweise untergehe.

Damit ersetzt das Elternwahlrecht in Hessen mittlerweile die Zuweisung zur Förderschule durch die Schulbehörde. Viele Schulen arbeiten bereits vorbildlich und setzen Inklusion schon erfolgreich um. Es gibt bereits seit 30 Jahren gute Erfahrungen mit Kindern mit Behinderungen in allgemeinen Schule, die Expertise ist also schon im System. Kinder mit Behinderungen brauchen nicht nur die ebenfalls behinderten Kinder, am besten mit ähnlicher Behinderung, um sich herum (s. „Peer Group“/“homogene Lerngruppe“), sondern finden in der Regel große Akzeptanz und Unterstützung auch bei ihren Mitschülern. Kindern lernen von Kindern und so ist Inklusion immer ein Gewinn für alle!

Beratung finden Sie bei Gemeinsam leben Hessen e.V. und bei den unabhängigen Elterninitiativen vor Ort. Kontaktieren Sie uns, wir helfen Ihnen weiter.

Gemeinsam leben Hessen e.V.
Dorothea Terpitz, Vorsitzende
Tel. 069-83 00 86 85
Mail: info@gemeinsam-leben-hessen.de
November 2017